Permafrost in Aufruhr
Die Permafrostböden der Erde könnten stärker auf steigende Temperaturen reagieren als gemeinhin angenommen. Forscher aus Potsdam und Hamburg haben ermittelt, dass sich mit der Temperatur die Zusammensetzung der Mikroflora im Boden ändert – einschließlich der Produzenten des Treibhausgases Methan.
Eine Kolonie methanbildender Mikroben aus sibirischem Permafrost (Größenmaßstab: 10 Mikrometer). Bild: Dirk Wagner, Alfred-Wegener-Institut
Etwa ein Viertel der irdischen Landoberfläche taut höchstens vorübergehend und oberflächlich auf. In diesem Permafrost haben sich immense Mengen organischen Kohlenstoffs angehäuft, bei deren Zersetzung unter Luftabschluss Methan freigesetzt wird. „Wenn die Dauerfrostböden sich erwärmen oder sogar tauen, könnte das dramatische Konsequenzen für das weltweite Klimageschehen haben“, erläutert Dirk Wagner vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.
Wagner und Kollegen studierten Bohrkerne aus dauerhaft gefrorenen Meeresboden in der Laptewsee, einem flachen Schelfmeer vor der sibirischen Nordküste. Dieser submarine Permafrost entstand, als am Ende der letzten Eiszeit der Meeresspiegel stieg. Mit einer Durchschnittstemperatur von minus 2 Grad Celsius ist er etwa 10 Grad wärmer als Pendants an Land. Wie die Forscher im Fachblatt „Environmental Microbiology“ berichten, weist er eine deutlich unterschiedliche Zusammensetzung methanbildender Mikroben auf.
Ein großer Teil der nördlichen Landoberfläche taut bestenfalls vorübergehend auf. Grafik: Alfred-Wegener-Institut
„Wie viel Kohlenstoff umgesetzt und wie viel Methan dementsprechend gebildet wird, hängt von der Stoffwechselaktivität der Organismen und von der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft ab“, erklärt Wagner. Aus früheren Untersuchungen wisse man, dass die Mikroflora des Permafrost selbst bei Temperaturen um minus 7 Grad Celsius Methan bilden könne. Die neuen Resultate belegten, dass sie zudem sehr flexibel auf höhere Temperaturen reagieren könne.
„Und selbst wenn die Böden noch tief gefroren sind, erhöht sich die Stoffwechselaktivität methanbildender Mikroben mit steigender Temperatur“, so Wagner weiter. „Für uns ist das ein sicheres Indiz dafür, dass die zu beobachtende Erwärmung der Atmosphäre in den riesigen Permafrostregionen der Erde bereits heute zu einer erhöhten Freisetzung des Treibhausgases Methan führt.“
Forschung: Katharina Koch und Dirk Wagner, Forschungsstelle Potsdam, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, und Christian Knoblauch, Institut für Bodenkunde, Universität Hamburg
Veröffentlichung Environmental Microbiology, Vol. 11(3), pp 657-68, DOI 10.1111/j.1462-2920.2008.01836.x
WWW:
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
Institut für Bodenkunde, Uni Hamburg
Permafrost
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